Quelle: openpr.de
Nachdem die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) ihre Informationsveranstaltungen zur Reaktivierung der Stammstrecke von Basdorf nach Wilhelmsruh in den betroffenen Gemeinden der Landkreise Oberhavel, Barnim und den Berliner Stadtbezirken abgeschlossen hat, bleiben bei den Bürgern noch viele Fragen offen. Die Bürgerinitiative „Dialog Heidekrautbahn“ ist bemüht, über eigene Veranstaltungen die Bürger über Chancen, Risiken, Kosten, Vor- und Nachteile, aber auch alternative Lösungen und Konzepte aufzuklären. Nach einer solchen Veranstaltung am 08.06.2019 und der folgenden Berichterstattung in der Märkischen Oderzeitung vom 11.06.2019 veröffentlichte die NEB eine Pressemitteilung. Parallel gab es eine schriftliche Anfrage der Gemeinde Wandlitz zu kritischen Punkten, die wiederum durch die NEB am 14.06.2019 beantwortet wurde. Die BI möchte diese Schreiben zum Anlass nehmen, um noch einmal wichtige Punkte kritisch zu hinterfragen.
Streckenführung der RB 27 über Karow nach Gesundbrunnen
In den Vereinbarungen zwischen den Gemeinden, den Bundesländern Berlin/Brandenburg und der NEB ist der Wunsch aufgenommen, dass die Strecke über das Karower Kreuz weiterhin bestehen bleiben soll. Nur unter dieser Bedingung hat die Gemeinde Wandlitz dem Vorhaben zugestimmt. Die NEB plant tatsächlich nicht, diesen Abschnitt zu streichen. Es läge auch nicht in ihrem Interesse. Jedoch liegen zahlreiche Untersuchungen vor (Regionaldialog Angermünde 2017, Kommunale AG „Region Heidekrautbahn“ 2010 u.a.), in denen der Nutzen des Betriebes beider Strecken als nicht wirtschaftlich angesehen wird. Zudem ist der Betrieb über die Stammstrecke, die nun reaktiviert werden soll, im Nutzen-Kosten-Wert bei gleichzeitigem geringem Finanzierungsbedarf pro Personenkilometer deutlich höher. Die Gefahr ist also hoch, dass der aktive Streckenast über Karow auf längere Sicht wegfallen kann. Außerdem ist die Strecke um das Karower Kreuz sehr stark frequentiert und die HKB muss ggf. anderen Linien mit höheren Kapazitäten Platz machen. Somit würde der Haltepunkt in Schönerlinde nicht mehr bedient. Dieses Szenario ist keineswegs unrealistisch. Die NEB hat hier keinen Einfluss darauf, die Strecken werden vom VBB bedarfsorientiert bestellt.
Derzeit ist nur die Strecke bis Wilhelmsruh geplant, wo man bei Fahrtrichtung Gesundbrunnen mühsam über Treppen umsteigen muss. Die Weiterführung nach Gesundbrunnen ist nicht vor 2033 in Sicht und dann ist abzuwarten, ob das Land Berlin sich am weiteren Ausbau beteiligt.
Dieselzüge vs. Wasserstoff-/Hybridfahrzeuge
Die NEB wirbt damit, auf der neuen Strecke wasserstoffbetriebene Triebfahrzeuge einsetzen zu wollen. Sie steht derzeit in Verhandlungen mit den Ländern Berlin und Brandenburg zwecks Finanzierung. Züge sind bisher noch keine bestellt. Was passiert, wenn die Länder eine Finanzierung ablehnen? Es ist nicht davon auszugehen, dass die NEB selbst den Finanzbedarf für eine ökologische und zukunftsfähige Technologie übernehmen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch auf der Stammstrecke unökologische Dieselfahrzeuge eingesetzt werden, ist demnach hoch. Dies führt zu erheblicher Feinstaubbelastung in den Gemeinden.
Die Länder Niedersachsen und Hessen haben gerade 17 bzw. 27 Wasserstoffzüge mit Bundesförderung für die Jahre 2022/23 bei Alstorm bestellt.
Einsatz von glyphosathaltigem Unkrautvernichter auf der Strecke
Die NEB setzt auf der Strecke zur Bekämpfung von Unkraut ein glyphosathaltiges Pflanzenschutzmittel zur Unkrautbekämpfung ein. Glyphosat gilt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und aktueller Rechtsprechung in den USA als krebserregend. Nach Meinung der NEB gibt es derzeit keine Alternativen. Jedoch hat die Deutsche Bahn erst vergangene Woche (nachzulesen in der Tagespresse vom 14.6.2019) verkündet, kein Glyphosat mehr auf ihren Strecken ausbringen zu wollen. Es werden drei verschiedene Alternativen in Augenschein genommen (Heißwasser, Elektroschocks und energiereiches UV-Licht). Warum schließt sich die NEB nicht diesem Pilotprojekt an?
Potenzieller nächtlicher Güterverkehr
Auf der Stammstrecke fahren bereits jetzt Güterzüge, die als deutliche Erschütterungen bei den Anwohnern wahrgenommen werden können. Im Zuge des Ausbaus der Strecke sollen die Züge 80 km/h fahren können. Da die Strecke tagsüber mit Personenverkehr belegt sein soll, liegt die Annahme nahe, dass sich der Güterverkehr auf die nächtlichen Stunden verlegen wird. Selbst wenn es zu keiner Zunahme des Güterverkehrs kommt, so ist die dann zu erwartenden Lärmbelästigung für 80 km/h hoch. Erwiesenermaßen macht Lärm krank! Wir bestehen auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Grundgesetz).
Zu diesem Punkt hat die NEB „einigen Bürger“ vorgeworfen, „Fake News“ zu verbreiten. Auf Nachfrage, ob die NEB eine Garantie für ein Nachtfahrverbot geben kann, wurde dies verneint. Eine auf der Hand liegende Annahme kann also nicht als Fake News bezeichnet werden.
Gesetzlicher Lärmschutz
Auf sämtlichen Informationsveranstaltungen und Anschreiben bestätigt die NEB, alle gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz nach den erfolgten Gutachten und den gesetzlichen Bestimmungen einhalten zu wollen. Doch was bedeutet dies? Da es sich bei der Stammstrecke um eine aktive Strecke (wenn auch mit derzeit wenig Verkehr) handelt und der Ausbau zu gering ist, um eine Erweiterung der Betriebsgenehmigung erforderlich zu machen, wird kein Lärmschutz erforderlich sein. Dies sollte jedem Bürger bewusst sein.
Zudem fordert die Bürgerinitiative maximal Tempo 30 innerorts, damit die Belastungen für die Anwohner so gering wie möglich gehalten werden. Ein Nachtfahrverbot für Güterverkehr ist angestrebt. Des Weiteren darf es kein Hupsignal an Übergängen geben, die nahe zum Wohngebiet liegen.
Entstehende Kosten für die Gemeinden
Die Kosten für die Reaktivierung übernimmt vorrangig der Steuerzahler. Hier sind als erstes die Bundesländer Berlin und Brandenburg zu nennen. Den Gemeinden wiederum obliegt die Übernahme der Kosten aus dem Eisenbahnkreuzungsgesetz, der P&R- und B&R-Plätze, Gestaltung der Bahnhofsvorplätze sowie weitere eventuell erforderliche Umbaumaßnahmen, wie Änderung von Gehweg- und Fahrradwegführungen und Verlegung von Bushaltestellen. Wie hoch diese Kosten sein werden, ist noch nicht absehbar und wird die Gemeindekassen sehr belasten. Ob diese Millioneninvestitionen wirklich zu stemmen ist, bleibt abzuwarten.
Forderung nach gesamtheitlich zukunftsfähigem, ökologischem Verkehrskonzept
Das Fazit der Bürgerinitiative „Dialog Heidekrautbahn“ lautet: die NEB spielt nicht mit offenen Karten. In direkten Gesprächen bzw. in schriftlichen Antworten wiegelt die NEB ab und gibt keinerlei Versprechen, die kritisch hinterfragten Punkte so zu gestalten, dass die Bürger einen echten Nutzen in der Bahn sehen können und mit den Folgen lebenkönnen. Eine kritische Auseinandersetzung ist offensichtlich nicht gewünscht.
Die BI fordert deshalb die NEB und die involvierten Gemeindevertreter auf, das Verkehrskonzept zu überdenken und so zu gestalten, dass es zukunftsfähig und ökologisch ist. Das bedeutet:
1. Anbindung über beide Streckennetze nach Gesundbrunnen und über Hauptbahnhof, Potsdamer Platz, Südkreuz weiter bis zum BER
2. Abschaffung von Glyphosat auf der Strecke und Einsatz von ökologischen Unkrautbekämpfungsmethoden
3. Einsatz von Hybridfahrzeugen (mindestens) auf der Stammstrecke zur Vermeidung von Feinstaub (Co²-Belastung) und einem geräuscharmen Betrieb
4. Nachtfahrverbot (22:00-06:00 Uhr) von Güterverkehr
5. maximal Tempo 30 im Ort
6. Bau von aktiven Lärmschutzanlagen (zum Beispiel niedrige LSW), um die direkten Anwohner vor Dauerlärmbelästigung zu schützen.
7. Bau einer zukunftsfähigen Zugsicherungstechnik, welche den Anforderungen der EU entsprechen und einen diskriminierungsfreien Netzzugang ermöglichen.
Die Bürgerinitiative „Dialog Heidekrautbahn“ ist kein Gegner des ÖPNV, wie es ihr oft vorgeworfen wird. Sie setzt sich ganz im Gegenteil für ein modernes, innovatives und sinnvolles Verkehrskonzept ein, dass den Bürgern echten Mehrwert verschafft.
Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.