Petition für besseren Anschluss der Heidekrautbahn

Quelle: moz.de / Author: Susann Haase / Foto: Silke Willenborg

Groß Schönebeck kämpft um die Erweiterung der Stammstrecke der Heidekrautbahn und startet eine Online-Petition. „Jede Unterschrift zählt“, so Jörg Mitzlaff, Vorsitzender des Bürgervereins in Groß Schönebeck. Mittlerweile haben immerhin 155 Bürger die Petition für einen Zuganschluss nach Berlin Gesundbrunnen im Stundentakt unterschreiben. Nach der Ferienzeit will der Bürgerverein verstärkt für die Aktion werben, um möglichst viele Unterstützer zu finden.

„Unterschreiben sollten alle, die den öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum fördern wollen“, so Mitzlaff. Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) fährt derzeit von und nach Groß Schönebeck im Zweistundentakt bis Berlin-Karow. Um in die Berliner Innenstadt zu kommen, müssen die Fahrgäste dort in die S-Bahn umsteigen. Das war anno dazumal komfortabler. Von 1901 bis 1961 fuhr der Zug direkt bis Berlin-Wilhelmsruh. Die Heidekrautbahn war „eine wichtige Lebensader der Region“, wie es auf der Homepage der NEB heißt. Sie pendelte einst direkt von Berlin-Wilhelmsruh in den Zipfel der Uckermark. Doch mit dem Bau der Mauer wurde die Strecke stillgelegt.

Langer Kampf um Reaktivierung

Seit Jahren wird nun die  Reaktivierung gefordert. Im Januar dieses Jahres einigten sich Berlin und Brandenburg endlich, die Strecke wieder auszubauen. Eine Reaktivierung biete enorme Vorteile für die wachsenden Anrainergemeinden in Oberhavel und Barnim sowie den Berliner Norden. Unterstützt wird das Vorhaben von vielen Kommunen, dem Verkehrsverbund VBB und den Länderregierungen in Berlin und Brandenburg. Am 10. Januar 2019 haben die Länder und die NEB eine entsprechende Planungsvereinbarung zum Streckenausbau unterzeichnet.

Für die Groß Schönebecker und die umliegenden Dörfer wäre dies ein Segen, ist Ortsvorsteher Andreas  Zeidler überzeugt. Eine bessere Anbindung würde gerade für Pendler und Schüler im Dorf Vorteile bringen. Auch weiterer Zuzug nach Groß Schönebeck könnte ein positiver Nebeneffekt einer besseren Anbindung sein. Profitieren würde sicherlich auch der Tourismus: Berliner könnten, wie damals üblich, ohne Umsteigen bequem einen Ausflug aufs Land machen. Allerdings formiert sich an anderer Stelle Widerstand gegen die Ausbaupläne der Heidekrautbahn. In Schildow im Mühlbecker Land wehren sich einige Anwohner: sie befürchten Lärm, Schmutz und Verkehr, wenn künftig mehr Züge fahren. Die Bürgerinitiative „Dialog Heidekrautbahn“ macht derzeit gegen den Ausbau mobil. Landrat Daniel Kurth hatte die Groß Schönebecker bei einer Podiumsdiskussion zum Tag der offenen Höfe aufgefordert, sich als künftige Nutznießer des NEB-Ausbaus zu Wort zu melden und das Feld nicht den Gegnern zu überlassen.

„Wir wollen die Debatte sachlich und mit Vernunft führen“, so Jörg Mitzlaff. Der Bürgerverein listet in seiner Petition gleich drei Forderungen auf: Der beschlossene Ausbau der alten Stammstrecke von Groß Schönebeck nach Wilhelmsruh bzw. später mal Gesundbrunnen solle zügig umgesetzt werden. Zudem soll auf der Strecke stündlich ein Zug fahren. In einem offenen und nachvollziehbaren Dialog müsse mit allen Betroffenen geredet werden.

In Bürgergesprächen hat die NEB im Mai über die Pläne informiert. Um Wilhelmsruh anzusteuern, müssen allerdings noch rund 1000 Meter Streckengleis zwischen Wilhelmsruh und Pankow Park sowie zwei Bahnübergänge neu gebaut werden. Für den Streckenabschnitt Pankow Park bis Schönwalde ist bereits die grundhafte Erneuerung beschlossen. Im Dezember 2023 sollen erstmals wieder Züge aus der Schorfheide zum Bahnhof Wilhelmsruh fahren, formuliert NEB-Chef Detlef Bröcker das ehrgeizige Ziel, das in Groß Schönebeck auf vollste Zustimmung trifft.

KOMMENTAR: MIT VERSTAND GEGEN AKTIVISTEN

Es ist die Zeit der Aktivisten. Unter diesem (durchweg positiv belegte) Begriff wird derzeit viel gefordert und so manches verhindert. Schafft man es, ein paar lautstarke Bürger zu formieren und die Presse zu mobilisieren, scheint alles möglich. Emotionen ersetzen dabei allzu oft Argumente. Viele Massenmedien und Politiker lassen sich vor den Karren der selbsternannten Aktivisten spannen und bauen politischen Druck auf.

Für die politischen Entscheidungsträger kein leichtes Unterfangen, denn sie müssen letztlich das große Ganze im Blick haben. Oft sind Politiker geneigt, den lautesten Aktivisten zu folgen. Doch das kann fatal sein. Wenn einzelne Bürger keinen Bahnverkehr vor der Haustür wünschen, wird an anderer Stelle dringend benötigter öffentlicher Nahverkehr verhindert. Der ländliche Raum droht abgeschnitten zu werden. Von daher ist es nur zu begrüßen, dass die Groß Schönebecker mit einer Petition gegensteuern wollen und ihre Interessen klarmachen. Eine bessere Anbindung an Berlin würde den Schorfheide-Dörfern am Zipfel des Barnims nämlich echten Fortschritt bringen. Das Jammern im Ballungsraum ist das kleinere Übel. -> Susann Haase

7 Antworten auf „Petition für besseren Anschluss der Heidekrautbahn“

  1. Sehr geehrte Frau Haase,

    vielen Dank, dass Sie das Thema der Reaktivierung der Heidekrautbahn aufgenommen haben. In Ihrem Artikel schreiben Sie über die Bürger und Initiativen in Groß Schönebeck sowie deren „bessere“ Anbindung über die Stammstrecke der Heidekrautbahn. Ob diese tatsächlich für die Bürger „besser“ ist, werden Sie sicherlich recherchiert haben. Wir hoffen und wünschen es den Groß Schönebeckern.

    Sie dramatisieren sehr schön, dass der ländliche Raum bald abgeschnitten ist, als würden wir durch eine Kontinentalverschiebung eine Kluft zwischen die Regionen erwarten müssen. Natürlich ist ein guter ÖPNV/SPNV eine wichtige Sache um Regionen besser zu vernetzen, soweit gehen wir als Bürgerinitiative „Dialog Heidekrautbahn“ voll mit, begrüssen und fordern diesen auch. Jedoch muss es ein durchdachtes Konzept und gerade bei reaktivierten Strecken eine Bürgerbeteiligung geben.

    Gedankenanstoss: Bislang werden immer nur Verbindungen von irgendwo nach Berlin favorisiert. Das ist soweit auch wichtig. Jedoch fehlt es an Querverbindungen unter den Gemeinden, um hier eine Attraktivität und Vernetzung zu erlangen. Arbeitsplätze müssen regional geschaffen und können regional gefördert werden, wenn der flächendeckende ÖPNV/SPNV gegeben ist.

    Sehr geehrte Frau Haase, leider nötigen Sie mir einen Kommentar zu Ihrem Kommentar des o.g. Artikels ab.

    Sie werfen uns, ohne einen Einzelnen von den BürgerInnen aus unserer Initiative zu kennen, vor, wir würden nur lautstarke Polemik und Propaganda betreiben, um die Strecke zu verhindern. Weiterhin werfen Sie uns vor, dass wir die Medien und Politiker versuchen, vor den Karren zu spannen und warnen davor.

    Wir haben weit mehr als 150 Mitglieder in unserer BI. Darunter zählen wir Mütter, Väter, Omas, Opas, Ärzte, Anwälte, Ingenieure vom Bahn- und Tunnelbau, IT Spezialisten, Immobilienmakler, und vieles mehr. Alles Menschen mit interessanten und gestandenen Lebensläufen. An dieser Stelle muss ich sie leider an Ihren Berufskodex erinnern und die Recherchen genauer zu betreiben. Denn ehrlich gesagt finden wir Ihren Kommentar etwas unterirdisch.

    Wenn Sie sich mit der Reaktivierung der Heidekrautbahn, dem betroffenen Abschnitt im Mühlenbecker Land und auch mit der Bürgerinitiative und deren Forderungen beschäftigt hätten, dann hätten Sie erkannt was unser Ansinnen ist. Dazu empfehle ich Ihnen den folgenden Artikel:
    https://www.openpr.de/news/1053608/Buergerinitiative-fordert-zukunftsfaehiges-Verkehrskonzept.html

    Im Mühlenbecker Land hat man es schlicht verschlafen, sich in die Planung und das Projekt einzumischen und vergessen, seine Beteiligung einzufordern. Jahrzehntelanges Fordern der Heidekrautbahn ohne ein eigenes Konzept zu haben, wenn die Strecke wieder reaktiviert wird, um die beste Bahn zu bekommen, die wir haben können ist politisch zu kurz gedacht. Wir erwarten eine Bahn, die sich in unserer Gemeinde integriert und auch Akzeptanz findet. Das, was bei uns passiert ist ist leider eine Fehlleistung.

    Erst durch die Bürgerinitiative Dialog Heidekrautbahn ist Fahrt in das Projekt bekommen. Wir haben unter anderem durch unsere Forderungen es geschafft, dass wir am BÜ Kiessee eine technische Sicherung erhalten, die nicht von Anfang an in der Planung war. Wir haben auch erreicht, dass es einen gemeindeinternen Ausschuss Heidekrautbahn gibt, der sich mit dem Projekt beschäftigt. Wir haben auch geschafft, dass endlich die gemeindeinternen Planungen voran gehen, wenn auch zu spät. uwm. Ohne die Forderungen und Dampf der BürgerInnen der BI hätten wir das Projekt wahrscheinlich voll verschlafen und uns im Nachhinein gewundert. Das finden Sie ok?

    Glyphosat, Lärmschutz, Wasserstoffzüge, etc. sind alles berechtigte Forderungen. Die BürgerInnen wollen gesund bleiben. Können Sie Ihnen dies verwehren?

    Bitte bedenken Sie immer: Die NEB ist ein Wirtschaftsunternehmen, welches mehrfach Geld mit diesem Projekt verdient. Aus der Sicht der NEB ein klarer Fall hier Engagement zu zeigen.

    Wir laden Sie herzlich ein, mit uns Bürgern der BI ins Gespräch zu kommen und sich einen tatsächlichen Eindruck der Forderungen, Wünsche und Belange (auch der Einzelnen) anzuhören. Vielleicht bekommen Sie dann einen Eindruck der von Ihrer bezüglich der „lautstarken Bürger“ abweicht.

    Viele Grüße,

    Patrick Schumann

    1. „Glyphosat, Lärmschutz, Wasserstoffzüge, etc. sind alles berechtigte Forderungen. Die BürgerInnen wollen gesund bleiben. Können Sie Ihnen dies verwehren?“

      Klar wollen ALLE gesund bleiben.
      Doch wenn die NEB den „alten“ Ast nicht reaktiviert, wird, bei den zu erwartenden Bevölkerungszuwächsen in OHV und BAR, der Individualverkehr, also Pkw, SUV etc., noch weiter zunehmen.
      Das heißt noch mehr Stau und dichter Verkehr auf den Hauptverkehrsadern. Zudem die zunehmende Lärm- und Abgasbelastung. Was ist mit Ihren MitbürgerInnen die an diesen Straßen leben. Haben die kein Recht auf GESUNDHEIT?

  2. Sehr gut , Frau Haase!
    Ich finde es richtig , davon zu reden, dass Regionen abgehängt werden, denn genauso ist es! Ohne Erweiterung des Streckennetzes sowie anderer Taktung der Züge wird ein Großteil der Pendler weiterhin mit ihren Autos in die Stadt fahren. Das ist sicherlich die Schlechteste aller Varianten.

    1. Hallo Wenke,
      welche Region wird denn abgehängt?
      -Schönwalde hat einen RB Halt ein paar Meter entfernt -Mühlenbeck einen 20 Min Anschluss mit der S8 nach Berlin
      -von Schildow ist man mit dem 806 Bus in wenigen Minuten bei der S8 oder der S1, zusätzlich gibt es den 107 Bus nach Berlin
      -Rosenthal ist mit der M1 (Straba) und Bussen erschlossen
      -das märkische Viertel ist im 10 Min Takt an der S1 und zusätzlich an der S26 angebunden, dazu kommt die U8 (5-10 Min Takt) und viele Buslinien
      Hast Du weitergehende Informationen?

      Die Pendler können jetzt schon auf ein dicht getacktetes Streckenetz der S-Bahnen und Regionalbahnen zurückgreifen. Ich persönlich glaube es liegt an anderen Gründen:
      -zu wenig P+R Flächen an den vorhandenen Bahnhöfen
      -fehlende innovative B+R Anlagen (wie z.B. in Oranienburg)
      -hohe Preise des ÖPNV
      -fehlende Zuverlässigkeit der Züge
      -keine Klimaanlagen in S-Bahnen
      -fehlende Expresslinen um lange Strecken schnell zu überbrücken
      -….

      Gerne können wir uns dazu Autauschen, denn dafür gibt es die BI DIALOG-HKB 🙂

  3. Was ich nicht ganz verstehe… da gibt es einige, die meinen, dass Wilhelmsruh nicht ganz so schick ist. Man wohnt aber in Schildow und fährt lieber mit dem Bus erst nach Hermsdorf und steigt da in eine S-Bahn um…. Verstehe ich nicht… in Wilhelmsruh kann man doch auch in die S-Bahn umsteigen!! und ist sogar noch schneller in der Berliner Innenstadt als von Hermsdorf.

    Und was ich auch nicht verstehe… hier wird sich dann wieder beschwert, dass man ja in Karow umsteigen muss, in Wilhelmsruh sei es aber nicht so schlimm… verstehe ich auch nicht so ganz. Klar, Karow liegt nördlicher, aber es ist doch noch im Rahmen.

    Wichtig ist, dass überhaupt was fährt. Sehr intressant wäre die Streckenführung Wilhelmsruh via Schildow nach Basdorf und dann weiter nach Groß Schönebeck trotzdem. Früher gab es ja sogar Wilhelmsruh-Liebenwalde.

    Wichitig ist dann aber bei einem Ausbau, dass man die Bahnhöfe gut erreichen kann und genug Parkplätze für Auto, Rad und co. zur Verfügung stehen. Ich denke schon, dass einige auch mehr im Raum Schildow auf die NEB umsteigen würden, da man nicht im Stau mit Bus oder PKW stehen muss und es so entspannter wird.

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